Betreuung des Compass-Archivs und von ZEDHIA im Compass-Verlag
Diplomstudium Geschichte an der Universität Wien
Zum Thema Arisierung konnte im Zentralblatt von 1938 eine Genossenschaftsgründung nachgewiesen werden, deren vorrangiger Zweck die genossenschaftlich organisierte Verwertung arisierten Eigentums war. Dazu heißt es in den „Eintragungen in das Genossenschaftsregister“:
12.511: Wien, I., Schwedenplatz 2, Einkaufs- und Treuhandgenossenschaft für die Uhren- und Juwelenbranche registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung. Betriebsgegenstand: a) Unterstützung der Mitglieder bei Erwerbung im Zuge der Arisierung frei werdender Geschäfte durch Gewährung von Darlehen oder Beihilfen an ihre Mitglieder; b) durch die treuhändige Verwaltung und Verwertung ihr von öffentlichen und parteiamtlichen Stellen (Gerichten, Gestapo, Devisenfahndungsamt, kommissarischen Leitungen u. dgl.) übergebenen, eingezogenen oder beschlagnahmten Waren; c) die Erwerbung derartiger in b) bezeichneter Ware von den dort genannten Stellen; d) die Weiterveräußerung dieser Waren oder deren Demontierung und die Veräußerung des sich ergebenden Bruchgoldes oder anderen Materials. Der Geschäftsbetrieb ist im Sinne des § 85 PStG. Auf die eigenen Mitglieder b e s c h r ä n k t und ist insbesondere der Verkauf von Waren an Nichtmitglieder unbedingt ausgeschlossen.
Die Genossenschaft erleichterte damit ihren Mitgliedern den Erwerb von und Handel mit arisierten Eigentum und schloß zugleich jene Unternehmer aus, die keine Mitgliedschaft besaßen.
G e n o s s e n s c h a f t s v e r t r a g (Statut) vom 5. VIII. 1938. Die H a f t u n g d e r M i t g l i e d e r für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft ist einfach beschränkt. Die B e k a n n t m a c h u n g e n erfolgen durch Anschlag in den Genossenschaftsräumen. Der V o r s t a n d b e s t e h t aus drei bis sieben Mitgliedern, darunter ein Obmann und ein Obmannstellvertreter. V o r s t a n d s m i t g l i e d e r sind: Konrad Schalk (Obmann), Walter Kienast (Obmannstellvertreter), Josef Weisshäupl, Dplkfm. Fritz Langauer, alle in Wien. Vertretungsbefugt: Zwei Vorstandsmitglieder gemeinsam, darunter der Obmann oder Obmannstellvertreter. – Wien, 13. IX. 1938. – (Gen. 31, 54/2.)
Zu diesem Thema schreibt der Historiker Banken:
Das Wiener Devisenfahndungsamt war von Beginn an auch in die Verwertung von Schmuck aus jüdischem Besitz verwickelt. So erlangten zum Beispiel zwei Wiener Parteigenossen und Juweliere im Frühsommer den Auftrag von der Devisenfahndungsstelle, die größten Juwelen- und Uhrengeschäfte der Stadt mit kommissarischen Aufsichtspersonen zu besetzen. Ende Juni durften diese beiden mit Genehmigung der Devisenfahndung Durchsuchungen und Beschlagnahmen von Schmuck und Edellmetallen in den Wohnungen der jüdischen Geschäftsbesitzer durchführen. Die beschlagnahmten Wertgegenstände wurden danach durch die eigens hierfür gegründete "Einkaufs- und Treuhandgenossenschaft für die Uhren- und Juwelenbranche reg. Gen.m.b.H. (E.T.G.) verwertet.
Aus: Ralf Banken: „Hiergegen kann nur mit freier Fahndung eingeschritten werden“. Die Arbeit der deutschen Devisenschutzkommandos 1938-1944. In: (Hrg.) Hartmut Berghoff, Jürgen Kocka, Dieter Ziegler: Wirtschaft im Zeitalter der Extreme. Beiträge zur Unternehmensgeschichte Österreichs und Deutschlands. Im Gedenken an Gerald D. Feldman. Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 20. München: C.H. Beck Verlag 2010. S. 379
Bei Venus und Wenck (2004) lässt sich die Dimension der Geschäftsaktivitäten der ETG erahnen:
Ein Großteil des Raubgutes wurde in eine im September 1939 gegründete "Einkaufs- und Treuhandgesellschaft mbH." für die Uhren und Juwelenbranche (ETG) eingebracht und durch Verkäufe an die Genossenschafter verwertet: Das Verzeichnis der geraubten Güter umfasste ca. 17.000 Karteikarten.
Aus: Theodor Venus, Alexandra-Eileen Wenck: Die Entziehung jüdischen Vermögens im Rahmen der Aktion Gildemeester. Eine empirische Studie über Organisation, Form und Wandel von „Arisierung” und jüdische Auswanderung in Österreich 1938-1941. Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission 20, 2), (Nationalsozialistische Institutionen des Vermögensentzuges 2. Wien: Oldenbourg Verlag 2004. S. 297
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