Ölförderung und das Petroleumkartell in Österreich-Ungarn

Die österreichisch-ungarische Monarchie hatte im 19. Jahrhundert die größte Rohölförderung Kontinentaleuropas. Um die Preise bei steigenden Fördermengen einigermaßen stabil zu halten, kam es zur Bildung eines Petroleumkartells.

Ein ausführlicher Bericht über das Petroleumkartell findet sich im Compass von 1903:

Kommentar von Werner Kohl:

Was bei der im Compass genannten Schilderung des Scheiterns zur effizienten Kartellbildung überhaupt keine Berücksichtigung findet, ist, dass die Rohölproduktion in der Monarchie die größte von Kontinentaleuropa war; zu den geschilderten Problemen fehlte daher jeglicher internationaler bzw. europäischer Vergleich. Zudem kommt, dass diese Doppelmonarchie nur eines gemeinsam hatte: als Staatsoberhaupt Franz Joseph I., nach dessen Tod Kaiser Karl I.

Das war aber schon wirklich alles, denn beide Länder in wirtschaftspolitischen Gleichklang zu bringen ist nie gelungen. Österreich und noch weniger Ungarn, dachten in der Zeit der „Doppelmonarchie“ 1867-1918 gar nicht daran, gemeinsame Ziele zu entwickeln oder gar anzustreben. Einzige Ausnahmen waren das Heer und die Marine.

Dank ZEDHIA kann diese interessante Entwicklung der damals beteiligten Unternehmen in den diversen Ausgaben des Industrie-Compass nachvollzogen werden. Man findet zum Beispiel das größte österreichische Unternehmen Schodnica (mit bis zu 1400 Arbeitern) oder David Fanto & Co. (eines der ältesten Unternehmen, seit 1878) bequem online im Industrie-Compass von 1909 Bd. III, F: Chemische Industrie Kapitel VI: Rohöl, Petroleum-Raffinerien, Erdwachs.

Die Bukowina, Galizien und Schlesien hatten die größten und ergiebigsten Erdöl-Unternehmen.

Die Absatzprobleme von Raffinaten der Erdöl-Industrie lösten sich erst zaghaft ab 1886 mit der Erfindung des Benzin- und später des Dieselmototors sowie der Entwicklung des Heizöls, das zunächst von einigen Bahngesellschaften erprobt wurde.

Die bereits gut entwickelte chemische und pharmazeutische Industrie zählte damals schon zu den Großabnehmern von Erdöl-Raffinaten.

Eine weitere interessante Informationsquelle befindet sich in der Bibliothek des TM Wien mit dem 6-bändigen Werk „Die Groß-Industrie in Österreich“ anlässlich des 50- bzw. 60-jährigen Thronjubiläums von Kaiser Franz Joseph I., 1898 bzw. 1908 u. a. im „Ersten Band, Spezieller Theil, I. Bergbau und Hüttenwesen, Erdölgewinnung“.

Im „Lehmann“ findet man noch zusätzliche Informationen über jene Unternehmen, die ihren Firmensitz in Wien hatten.

 


                                                                                                      

 

Die "Schodnica - Actien-Gesellschaft für Petroleum-Industrie" schaltete im Industriellen Compass von 1927 eine Anzeige, in welcher die Produkte "KRAFTON" und "PYTHON" beworben wurden:

Im Compass von 1903 findet sich ein ausführlicher Eintrag zur „Schodnica“ Actien-Gesellschaft für Petroleum-Industrie, einem der wichtigsten Erdölunternehmen der österreichisch-ungarischen Monarchie, inklusive der Bilanz des Jahres 1901: 

Ein Auszug der Unternehmen des Bereichs Rohöl, Petroleumraffinerien und Erdwachs aus dem III. Band des Compass von 1909:

Ein Artikel zu diesem spannenden Thema ist auch auf dem Portal der Tageszeitung DER STANDARD unter dem Titel "Als Österreich noch eine Öl-Macht war" im Jahr 2006 erschienen.

Link

Verfasst von:

Werner Kohl

Autor diverser Fachpublikationen zur Wirtschaftsgeschichte, Schwerpunkt Industrie und Chemie

Herausgeber & Autor „Die Österreichische Zuckerindustrie und ihre Geschichte(n) 1750-2012“

 
Mag. Christian Benesch

Betreuung des Compass-Archivs und von ZEDHIA im Compass-Verlag

Diplomstudium Geschichte an der Universität Wien