Die Südbahn-Gesellschaft

Die Südbahn-Gesellschaft war seit dem Ende der 1850er Jahre eine der bedeutendsten Eisenbahngesellschaften Europas und eines der größten privaten Unternehmen Österreichs, mit weitreichenden Interessen und Beteiligungen in verschiedenen Regionen und Branchen der Habsburgermonarchie. Ihren Anfang nahm die Aktiengesellschaft mit der Übernahme des Betriebs vormals staatlicher Eisenbahnen, besonders auch der „k.k. südlichen Staatsbahn“, die aus Budgetgründen privatisiert wurde.

Aufgrund der engen Bindung an den österreichischen Staat wurde auch die Aktiengesellschaft durch die Niederlagen und Krisen der Monarchie in Mitleidenschaft gezogen. Besonders nachteilig wirkten sich die Mitte des 19. Jahrhunderts an Italien verlorenen Gebiete und der Zerfall Österreich-Ungarns nach dem 1. Weltkrieg aus.

Trotz aller Umbrüche führte die Aktiengesellschaft unter wechselnden Namen den Eisenbahnbetrieb der österreichischen Südbahn von 1858 bis 1923 und wurde, anders als viele andere private Bahnunternehmen des Landes, im Kaiserreich nicht verstaatlicht.

Für diesen Blogbeitrag wurde recherchiert, welche aussagekräftigen und interessanten Informationen zu und Stationen der Südbahn-Gesellschaft sich in den Compass-Publikationen wiederfinden lassen.

 

Doch zuerst ein wenig zur Vorgeschichte der Südbahn-Gesellschaft und damit auch des Eisenbahnbaus in Österreich:

Die Anfänge des Eisenbahnwesens in Österreich

Schon ab 1829 kursierten erste Pläne für den Bau einer Eisenbahn, die von den österreichischen Kernländern bis zur Adria reichen sollte.

Doch bis zur praktischen Umsetzung dieser Ideen sollte es noch viele Jahre dauern. Ein wichtiger Befürworter des Bahnausbaus sowohl nach Ungarn, als auch zur Adria, war Baron Georg Freiherr von Sina, ein im damaligen Österreich herausragender Bankier und Unternehmer. Schon im Jahr 1834 übernahm Sina die Pacht des Wiener Neustädter Kanals, wohl auch, um sich für den späteren Eisenbahnbau durch sein umsichtiges Handeln zu empfehlen.

Denn Sina sah die Zukunft des Transportes im maschinenbetriebenen Eisenbahnverkehr, nachdem er sich zuvor schon an der Errichtung der seit 1832 in Betrieb befindenden Pferdeeisenbahn Budweis-Linz-Gmunden maßgeblich beteiligte.

Am Beginn der Geschichte der österreichischen Dampfeisenbahnen stand die 1838 eröffnete Kaiser Ferdinands-Nordbahn – eine der ersten ausschließlich maschinenbetriebenen Eisenbahnen der Welt. Eine echte Sensation für das sehr daran interessierte Wiener Publikum, wie Artikel in diversen Tageszeitungen dieser Jahre dokumentieren. Ein historischer Moment war die Aufnahme des Eisenbahnverkehrs in beide Richtungen am 2. September 1838 auf der gerade erst fertiggestellten Strecke zwischen Wagram und Floridsdorf, wie in der WIener Theater Zeitung vom 12. September 1838 (S. 818/2) nachzulesen ist.  

Die Errichtung der Südbahn

Eine wesentliche Rolle bei den ersten Planungen für die spätere Südbahn spielte der bereits erwähnte Georg Simon von Sina, der sich und seine finanzielle Basis in den Bau der Bahn einbrachte.

Am Beginn der praktischen Umsetzung stand die Wien-Raaber Eisenbahn, die Stück für Stück erweitertet wurde. Die ersten Lokomotiven wurden in den Vereinigten Staaten erworben und auch von Mitgliedern der kaiserlichen Familie besichtigt, wie der Österreichische Beobachter vom 17. November 1838 (S. 1580/6) berichtet:

Am 7. d. M. nahmen Seine kais. Hoheit der Erzherzog Carl mit Ihren Söhnen den Erzherzogen Albrecht, Carl, Ferdinand und Friedrich, Ihrer Tochter der Erzherzoginn Maria Carolina, Ihrem Neffen dem Erzherzoge Stephan, und Ihrer Nichte der Erzherzoginn Hermine kais. Hoheiten, die Locomotive „Philadelphia“ welche Freiherr von Sina für die Wien-Raaber Eisenbahn in Nordamerika ankaufen ließ, in Augenschein.

Der Autor des Artikels betont darin auch die augenscheinlichen Vorteile dieser amerikanischen Lokomotive gegenüber den englischen Modellen, sowohl in Hinblick auf deren Leistungsfähigkeit, einfache Wartung, als auch Sicherheit, besonders in stärkeren Kurven und bei den für das Alpenland kennzeichnenden Steigungen.

Der im Artikel erwähnte Lokomotivtyp „Philadelphia“, der in der gleichnamigen amerikanischen Stadt gebaut worden war, wurde auch zum Namensgeber der heutigen Philadelphiabrücke in Wien. 

Über den Ausbau der Südbahn schreibt Der Adler vom 29. Oktober 1841 (S. 1616/2) mit Bezug auf die „Eröffnung der weiteren Strecke von Wiener Neustadt bis Neunkirchen“. Sogleich mit dem Hinweis auf die noch in Arbeit befindliche Erweiterung bis nach Gloggnitz:

Wenn schon die neu eröffnete Bahnstrecke sich meistens durch das Steinfeld und zwischen jungem Nadelgehölze hinzieht, und die malerischen Ansichten, welche diese Südbahn besonders auszeichnen nicht in großer Abwechslung darbietet, so wird dennoch durch die Fortsetzung nach Glocknitz (deren Eröffnung am 1. Mai im kommenden Jahre geschehen soll), derselben ein neuer Reiz gegeben werden.

Technisch federführend für den frühen Streckenausbau war der Eisenbahningenieur Mathias von Schönerer, dessen auf dem 1841 fertig gestellten ersten österreichischen Eisenbahntunnel („Busserltunnel“) verewigtes Motto „Recta sequi“ („Folge der Geraden“) lautete.

Sina erhielt jedoch trotz seiner Erfolge für den weiteren Ausbau der Südbahn keine Konzession mehr. Die weiteren Arbeiten ab 1842 und schließlich auch der Betrieb der Bahn von 1851 an wurden vom k.k. Eisenbahnministerium und der k.k. südlichen Staatsbahn übernommen.

 

Eine bemerkenswerte technische Leistung beim Bau der Südbahn war die 1848 begonnene Verlängerung der Strecke von Gloggnitz nach Mürzzuschlag über den Semmering. Die erfolgreiche Planung und Leitung des Baus der so genannten Semmeringbahn übernahm Carl von Ghega. Nach Abschluss der Bauarbeiten begann die erste normalspurige Gebirgsbahn Europas ihren regulären Fahrbetrieb im Jahr 1854.

Die Entstehung der „k.k. privilegierte Südbahn-Gesellschaft“

Im Jahr 1858 wurde die Südbahn bzw. südliche Staatsbahn schließlich aufgrund von Kapitalmangel des österreichischen Staates an ein Konsortium, die spätere k.k. privilegierte Südbahn-Gesellschaft verkauft. Innerhalb des als Aktiengesellschaft geführten Unternehmens dominierten französische Investoren.

Im Eintrag zur K.k. priv. Südbahn-Gesellschaft im Compass von 1868 finden sich auf den Seiten 171-173 neben dem Hauptrechnungsabschluss und dem Tarif für Frachten auch die Verwaltungsräte des Jahres 1867.

Compass 1868. Kalender und Jahrbuchf ür Handel, Gewerbe und Industrie in Österreich 1868. Hrsg. Von Gustav Leonhardt. [1. Jg.] Wien: Carl Fromme [s.a.]. S. 171-173

Über die weiteren Ausgaben des Compass und ab 1902 des Zentralblatts lassen sich alle Kontinuitäten und Veränderungen an der Spitze der Gesellschaft nachvollziehen.

Die Entwicklung des Aktienkurses von 1858 bis 1867 findet sich gleichfalls in der 1. Compass-Ausgabe und zwar auf der Seite 109. Auffällig ist der sehr deutliche Kurseinbruch des Jahres 1860.

Nach dem baldigen Zusammenschluss mit italienischen Eisenbahnen wurde die Südbahn-Gesellschaft in die „Vereinigte süd-österreichische, lombardische und central-italienische Eisenbahn-Gesellschaft“ umbenannt, wie auch der Compass von 1870 (S. 381-385) dokumentiert.

Dieser etwas sperrige Name für die Dachorganisation des nach den Gebietsverlusten Österreichs an Italien transnational und unter schwierigen Bedingungen agierenden Bahnbetriebs blieb der Gesellschaft bis in die Jahre 1875/1876 erhalten.

In der Ausgabe des Compass von 1870 bekommt man auf den Seiten 76-77 einen guten Eindruck von der staatlich-privaten Zusammenarbeit beim Bau der Strecken Villach-Franzensfeste und St. Peter-Fiume aufgrund des Übereinkommens vom 27. Juli 1869, basierend auf dem Gesetz vom 20. Mai 1869:

Compass. Kalender und Jahrbuch für Handel, Industrie und Verkehr, Capital- und Grundbesitz 1870. Hrsg. von Gustav Leonhardt. 3. Jg. Wien: Beck'sche Universitäts-Buchhandlung (Alfred Hölder) [1869]. S. 76-77

Die Bestimmungen für den Betrieb der Eisenbahnstrecke waren vielfach sehr detailliert. Mit den Konzessionen an die privaten Eisenbahngesellschaften wurden etwa auch die Kosten für den Gütertransport bzw. die Frachtkosten, sowie die Maximaltarife per Klasse für den Personentransport festgelegt. Dazu kamen aber auch staatliche Unterstützungen und zeitlich befristete Steuerbefreiungen.  Als allgemeines Beispiel für diese Praxis mag dafür die „Concessions-Urkunde vom 2. Februar 1870, zum Bau und Betrieb einer Locomotiv-Eisenbahn von Graz an die steirisch-ungarische Landesgrenze bei St. Gotthardt“ dienen, die im Compass 1871 auf denSeiten 86-87 zu finden ist.

Über die Beziehungen der Südbahn-Gesellschaft zu den großen Bankhäusern dieser Zeit erfährt man im gleichen Band von 1871 auf Seite 154 im Eintrag der k.k. priv. österr. Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe mehr:

Die von der Südbahn zum Zwecke des Baues der Strecken von Villach nach Brixen und von St. Peter nach Fiume emittirten 20 Millionen Gulden Prioritäts-Obligationen sind in Verbindung mit dem Hause Rothschild und dem Wiener Bankvereine auf feste Rechnung übernommen und hievon bereits 15 Millionen begeben worden. Der Antheil der Anstalt hierbei betrug 5.000.000 fl.

Die Südbahn-Gesellschaft war ursprünglich auch bestrebt, einen Pachtvertrag mit dem osmanischen Reich abzuschließen und sich am Betrieb der Orientbahn zu beteiligen. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch, wie aus dem Bericht der Anglo-österreichischen Bank auf Seite 141 zu entnehmen ist:

Ueber das Geschäft der türkischen Bahnen, welches die öffentliche Aufmerksamkeit in so lebhafter Weise in Anspruch genommen hat, führt der Jahresbericht ausführliche historische Details auf, und bemerkt, dass die ersten Unterhandlungen der Bank mit Moriz Freiherrn von Hirsch wegen Betheiligung an dem Unternehmen zu keinem Resultate führten, weil dem pachtweisen Betriebe der zu erbauenden Bahnen durch die österreichische Südbahn-Gesellschaft von Seite ihrer in Paris tagenden General-Versammlung die Genehmigung versagt wurde. Die in Folge dieses Ereignisses gebildete neue Combination, welcher die Bank beigetreten ist, unterscheidet sich von der früheren im Wesentlichen darin, dass an der Stelle der Südbahn-Gesellschaft eine selbständige Actien-Gesellschaft den Betrieb der rumelischen Bahnen unter den früher mit der Südbahn-Gesellschaft vereinbarten Bestimmungen übernimmt, und dass die Emission der Titres sich vor der Hand auf jene türkischen Lose beschränkte, deren Verzinsung und Gewinnstzahlung von der kaiserlich ottomanischen Regierung übernommen war. Die Subscription auf jene Lose, von denen 750.000 Stücke durch ein Syndicat auf feste Rechnung übernommen und durch dieses dem Publicum angeboten wurden, hatte bekanntlich nur eines theilweisen Erfolges sich zu erfreuen.

Hotelanlagen und die Förderung des Tourismus

Nicht nur durch die verkehrsmäßige Erschließung von Regionen trug die Südbahn-Gesellschaft zur Entwicklung des Tourismus bei, sondern auch durch eigene Hotelbauten. Legendär waren neben vielen weiteren Anlagen der Gesellschaft das Südbahnhotel am Semmering und die Hotelanlagen von Abbazia (Opatija).

Ein Werbeplakat der Südbahn-Gesellschaft von 1898 wirbt neben dem Semmering mit dem südlich-mediterranen Flair und Klima an der Adriaküste für die Zugverbindung von Wien nach Triest:

Die Hotelanlagen in Abbazia wurden im Jahr 1898 verpachtet, wie man u.a. dem Compass von 1907, Band 2 auf Seite 879 entnehmen kann:

Die Hotelanlagen in Abbazia wurden ab 1./7.1898 an die Internationale Schlafwagengesellschaft (siehe „Quarnero“) auf 25 Jahre gegen einen Netto-Pachtschilling von K 320.000 pro Jahr verpachtet und den Pächtern ein Kaufoptionsrecht, von K 6,200.000 bis K 8,000.000 im Laufe der Jahre steigend, eingeräumt. — Die Hotelanlagen am Semmering wurden 1903 erweitert. Das Südbahnhotel in Görz wurde 1903 verkauft. — Verzinsung des Anlagekapitales sämtlicher Hotelanlagen 1902—1905: 5 77, 6" 17, 5-81, 5-87%. — Einnahmen der Station Semmering 1902—1903: K 372.220, 411.508, Abbazia 1902—1903: K 665.669, 738.519.

Ein Eintrag zur Actien-Gesellschaft Quarnero findet sich im Compass von 1899 auf S. 939, wo es heißt:

Die am 26. October 1898 in Fiume abgehaltene ausserord. Gen.-Vers. genehmigte die Detailverträge zwischen der Compagnie internationale des Grand Hôtels in Brüssel und der Actiengesellschaft Quarnero, durch welche die Fusionirung der Unternehmungen von Abbazia und Lovrana perfectionirt wird.

In der Direktion der Quarnero saß als Vizepräsident auch der Generaldirektor der Südbahn, Hofrath Dr. Alexander Eger.

Im Compass von 1900 heißt es auf S. 952 zu diesen Vorgängen:

(6. ord. Gen.-Vers. 27. Juni 1899.) Als das für die Entwicklung der Gesellschaft bedeutsamste Ereigniss des Jahres 1898 wird bezeichnet der von der a.-o. Gen.-Vers. v. 26. October 1898 angenommene Vertrag mit der Compagnie Internationale des Grands Hotels, Actien-Gesellschaft zu Brüssel, ddo. Paris, 4. October 1898, vermittelst dessen die A.-G. Quarnero die Unternehmungen der Südbahn in Abbazia, u. zw. zunächst pachtweise erworben und die Betriebführung der Etablissements der Compagnie Internationale übertragen hat. Damit hängt zusammen die vorläufig nur bilanzmässige Steigerung des A.-C. um fl. 1,000.000, welcher unter den Activen als Gegenpost der von der Gen.-Vers. festgestellte Preis der Erwerbung des Pachtes von Abbazia gegenübersteht.

Über die fortlaufenden Investitionen in die Hotelanlagen der Gesellschaft berichtet das Finanzielle Jahrbuch für Österreich von 1933 auf den Seiten 1301-1302:

Beteiligungen:  Die 1882 errichteten Hotelanlagen am  Semmering  wurden wiederholt, zuletzt 1913 wesentlich erweitert. 1926-1927 wurden die Hotelanlagen modernisiert. Es wurde Dampfheizung und moderne Wascheinrichtungen eingeleitet, eine Anzahl von Appartements mit Balkon ausgestattet und eine größere Anzahl von Räumen neu möbliert. Die Hoteldependance Waldhof wurde 1931 durch Einführung von fließendem Warm- und Kaltwasser in alle Zimmer modernisiert und in eine billige Familienpension umgestaltet. 1928 wurde die auf dem Wolfsbergkogel liegenden 2 Dependancen um Schweiz. Frk. 450.000 verkauft. 1932 wurde ein Hallen-Scliwimmbad errichtet, welches durch eine verschiebbare Dachkonstruktion zu einem Strandbad umgestaltet werden kann. Ertrag der Hotelanlagen am Semmering 1923 — 1925: Goldfrk. 17.476, 32.151, 17.918. 1927*): Goldfrk. 2t 487. 1930*) Goldfrk. 31.996.

Der Finanz-Compass von 1974 berichtet auf Seite 1224 über das Südbahnhotel im Besitz der Gesellschaft:

Per 1./12.1971 wurde der Gesamtkomplex des Hotels verkauft.

Weitere Einblicke aus dem Fundus des Compass-Bestandes

In diversen Compass- und Eisenbahn-Jahrbuch Ausgaben finden sich statistische Daten zum internationalen und österreichischen Verkehrswesen bzw. Eisenbahnwesen wieder. So auch im Compass 1910, II. Band, S. 927-929.

Im zwischen 1902 und 1915 im Compass-Verlag erschienenen Jahrbuch der Eisenbahnen und Transport-Unternehmungen Österreich-Ungarns, dem späteren Eisenbahn- und Verkehrs-Jahrbuch, finden sich viele Daten aus dem Compass wieder, die um zusätzliche Informationen zum Verkehrswesen ergänzt wurden.

Im Eisenbahn-Jahrbuch des Jahres 1911 etwa wird von den parlamentarischen Debatten über die Eisenbahnangelegenheiten aus dem Jahre 1910 berichtet. Auf Seite 958 folgt ein Kommentar des Eisenbahnministers im Eisenbahnausschuss zur Tariferhöhung der Südbahn:

2. Dezember. Eisenbahnminister Wrba erörtert eingehend die finanzielle Seite der Erhöhung der Südbahntarife und konstatiert hierbei mit Nachdruck, daß die der Südbahn bedingungsweise bis längstens 1917 gewährten tarifarischen Zugeständnisse bei gleichzeitiger Sistierung der Prioritäten verlosung und bei der der Südbahn zur Pflicht gemachten Verwendung der zu gewinnenden Mittel für Investitionen, ausschließlich den an einer geordneten und gesicherten Investitionstätigkeit des Unternehmens interessierten öffentlichen Faktoren, nicht zuletzt aber auch den Anrainern der Südbahn unmittelbar zugute kommen. Der Minister legt weiter dar, daß auch vom Billigkeits- wie nicht minder vom Rechtsstandpunkte eine angemessene Erhöhung der Betriebseinnahmen der Südbahn durch entsprechende Tarifmaßnahmen voll gerechtfertigt erscheine. Trotz der teilweisen Erhöhung, welche die Südbahntarife durch die Einführung des Staatsbahnbaremes mit dem 7%igen Zuschläge erfahren haben, sind die neuen Tarife in vielen Positionen, namentlich in vielen wichtigen Konsumartikeln, erheblich billiger als die bisherigen Südbahntarife und selbst billiger als die derzeitigen Staatsbahntarife. Übergehend auf die Frage der definitiven Sanierung der Südbahn, bespricht der Minister die Aussichten einer solchen Aktion, für welche, wie wiederholt betont, ausgiebige Zugeständnisse der Prioritätenbesitzer die unerläßliche Voraussetzung bilden müßten.

Weitere Berichte in dieser Ausgabe des Eisenbahn-Jahrbuchs von 1911 betreffen unter anderem die ermäßigten Tarife für Frachten wie z.B. Blei, Düngemittel, Eisen, Mineralwasser, Papier etc., die nur mit Zustimmung des Eisenbahnministeriums erhöht werden durften – siehe Seiten 966-967.

Im Zentralblatt wurden die Eintragungen ins Handelsregister veröffentlicht – so auch laufend alle Veränderungen bei der Südbahn-Gesellschaft, etwa Änderungen bei der Vergabe der Kollektivprokura in der Ausgabe von 1913, Teil 2 auf Seite 807:

11236. Wien, X., Ghegaplatz 4, K. k. priv. Südbahn-Gesellschaft. Kollektivprokura des Dr. Alfred Hermann gelöscht. Kolllektivprokura erteilt dem kommerziellen Direktor Heinrich Proch, dem Baudirektor Ferdinand Holzer und dem Zentralinspektor und Direktionssekretär Dr. Moritz Leonore Domenego. F. Z.: Jeder derselben zeichnet kollektiv mit einem Mitgliede des Verwaltungsrates. — Wien, 1. VIII. 1913. (Siehe 891.)

Die Entwicklung der Gesellschaft nach dem 1. Weltkrieg

Die nach Beendigung des 1. Weltkriegs und den damit einhergehenden Verhandlungen der Nachfolgestaaten erfolgte Umbenennung der Südbahn-Gesellschaft in die Donau-Save-Adria-Eisenbahn Gesellschaft (DOSAG) findet sich im Zentralblatt des Jahres 1923 auf der S. 1432, sowie im Compass. Finanzielles Jahrbuch von 1924 Band I: Österreich auf S. 1364-1365 mit dem Südbahnübereinkommen vom Jahre 1923 wieder. 

In mehreren Jahrgängen des Compass wird ein ausführlicher geschichtlicher Rückblick auf die Entwicklung der Südbahn geboten. Diese Artikel finden sich im Eintrag zur Donau-Save-Adria-Eisenbahn Gesellschaft (DOSAG, vormals Südbahn-Gesellschaft), wie die Nachfolgegesellschaft in späteren Jahren hieß. Darin werden besonders die politischen Hintergründe und Rahmenbedingungen, die bei der Entwicklung der Südbahn-Gesellschaft eine enorme Rolle spielten, wie die österreichischen Gebietsverluste in Italien und der Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie, dargelegt.  Es folgten schwierige Verhandlungen und komplexe Vertragsbedingungen zwischen den an der ehemaligen Südbahn beteiligten Nachfolgestaaten Österreich, Ungarn, Italien und Jugoslawien.

Der vollständige Eintrag zur Gesellschaft, aus dem dieser Rückblick entnommen wurde, findet sich im Compass. Finanzielles Jahrbuch 1933. Österreich, Staatsschuld Österreich-Ungarns (Liquidation). 66. Jg. Wien: Compassverlag 1933. S. 1288-1303

Besonders bemerkenswert ist hier wie an anderen Stellen die ausgesprochen lange Laufzeit diverser Vereinbarungen, die oftmals aufgrund der weltgeschichtlichen Ereignisse der darauf folgenden Jahre ihre Gültigkeit bald verlieren sollten.

Nichtsdestotrotz zahlten die Nachfolgestaaten auch nach der staatlichen Übernahme des Bahnbetriebs, wie in langwierigen Verhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg im Abkommen von Rom 1923 vereinbart, weiterhin an die Gesellschaft für die Benutzung der übernommenen Infrastruktur. So heißt es in der gleichen Ausgabe des Compass auf Seite 1302 auch:

Die im Jahre 1931 fälligen Zahlungen der vier Staaten wurden geleistet mit alleiniger Ausnahme der Zahlung der kgl. ungarischen Regierung des letzten Viertels der zu zahlenden Pauschalannuität. Es wurden die geeigneten Schritte unternommen, um die Erfüllung der rückständigen Verpflichtungen Ungarns zu erreichen.

Einen umfassenden Überblick über die Geschehnisse von der Zwischenkriegszeit bis in die 1950er Jahre erhält man im Finanz-Compass von 1959 ab der Seite 1118, einschließlich der Aktienkursentwicklung an der Wiener Börse von 1948 bis 1958. Die Aktienkurse der letzten 10 Jahre werden auch in den Ausgaben des Finanz-Compass späterer Jahre publiziert, so etwa für das Jahr 1971.

Das im geschichtlichen Rückblick ausführlich beschriebene Abkommen von Rom war auch nach dem 2. Weltkrieg, mit einer kurzen Unterbrechung durch das Abkommen von Brioni aus dem Jahr 1942, auf dem Papier weiterhin gültig. Es wurde lange um eine für die Gesellschaft und die Unterzeichnerstaaten annehmbare Lösung gerungen, bis der Finanz-Compass von 1964 auf Seite 1213 schließlich verlautbarte:

Durch die zwischen den Signataren des  Accords  von Rom (März 1923) auf der November-Dezember 1962 in Rom stattgefundenen Konferenz erfolgte Einigung des Komitees der Obligationäre mit den vier Schuldnerländern über die Abfindung deren Verpflichtungen gegenüber den Obligationären der Donau-Save - Adria-Eisenbahn - Gesellschaft erlangten sowohl die Schuldnerstaaten als auch die Gesellschaft, die sich den Obligationären durch Eintragung deren Forderungen im Eisenbahnhuch verpflichtet hatte, Schuldentlastung. Dem ursprünglich erst für 1968 vorgesehenen  Heimfall der Bahnlinien in das Eigentum Österreichs, Italiens, Jugoslawiens und Ungarns steht demnach nichts mehr im Wege. Bereits die am 4./10. 1962 stattgefundene Generalversammlung der Donau-Save-Adria-Eisenbahn-Gesellschaft hat erklärt, daß — falls die beteiligten Staaten in Ausführung der mit dem Komitee der Obligationäre abgeschlossenen Vereinbarungen die Zahlung der zur gänzlichen Befriedigung der Obligationen schuld zu leistenden Beträge vorgenommen haben — die Gesellschaft dem Heimfall der Eisenbahnlinien auch vor dem im  Accord  von Rom (März 1923) vor gesehenen Termin, d. i. 31. Dezember 1968, zustimmen kann.

Der vollständige Wortlaut des neuen und endgültigen Abkommens mit den Unterzeichnerstaaten, einschließlich deren weiterer noch zu leistender Zahlungen in den Folgejahren findet sich im Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes.

 

Das offizielle Ende der Südbahn-Gesellschaft

 

Die Gesellschaft existierte auch nach der Verstaatlichung der auf österreichischem Gebiet befindlichen Teile der Südbahn weiter. Ihre Hauptaufgabe war ab diesem Zeitpunkt, die im Verlauf der Geschichte angesammelten vertraglichen Verpflichtungen einzuhalten und das vorhandene Vermögen zu verwalten.

Wie die Gesellschaft sich nach der finalen Abwicklung des Eisenbahnnetzes neu definierte erfährt man im Finanz-Compass von 1966 auf Seite 1247:

Auf Grund der mit Beschluss der Generalversammlung vom 15./12. 1965 geänderten Statuten ist der Zweck der Gesellschaft nunmehr der Betrieb von Beherbergungsunternehmen, von Industrieunternehmen auf dem Gebiet des Eisenbahnsicherungswesens und die Verwaltung ihres eigenen beweglichen und unbeweglichen Vermögens.

Die Generalversammlung vom 22.10.1969 beschloss schließlich die Auflösung der Gesellschaft durch Liquidation mit 31.12.1969. wie der Finanz-Compass des Jahres 1971 auf Seite 1134 verlautbarte.

Auch die letzten Schritte der DOSAG werden durch die Compass-Publikationen dokumentiert, so die beendete Liquidation im Zentralblatt von 1983, S. 228:

2473. Wien I, Weihburggasse 9, Donau-Save-Adria Eisenbahn-Gesellschaft (vormals Südbahn-Gesellschaft). Gesellschaft infolge beendeter Liquidation gelöscht. – Wien, 27. XII. 1982 – HR, A 18.936

Und im Compass 1992/93: Industrie, Handel, Verkehr S. 1475 wird die Abwicklung der letzten Reste der Gesellschaft dokumentiert:

GV. Vom 22.10. 1969 beschloß die Auflösung der Gesellschaft durch Liquidation mit 31.12.1969. Mit Beschluß der GV. Vom 8.1.1981 wurde die Liquidation der Gesellschaft zum 31.10.1980 beendet.

Die Stiftung „Pensionsfonds für die Bediensteten des Zentraldienstes der Donau-Save-Adria Eisenbahn-Gesellschaft (vormals Südbahn-Gesellschaft)“  in Vaduz ist mit Beschluß der GV. Vom 8.1.1981 in Liquidation getreten.

Die letzte Liquidationsrückzahlung erfolgte ab dem 27.12.1991. Es folgte noch die Löschung an der Wiener Börse:

Kurse an der Wiener Börse: Die Aktien, die im Amtlichen Handel notiert waren, wurden am 3.4.1989 in den Geregelten Freiverkehr überführt. Mit 15.1.1992 wurde die Notiz an der Wiener Börse gelöscht.

 

Zitierte Quellen:

ZEDHIA

Compass. Kalender und Jahrbuch für Handel, Gewerbe und Industrie in Österreich 1868. Hrsg. von Gustav Leonhardt. [1. Jg.] Wien: Carl Fromme [s.a.].

Compass. Kalender und Jahrbuch für Handel, Industrie und Verkehr, Capital- und Grundbesitz 1870. Hrsg. von Gustav Leonhardt. 3. Jg. Wien: Beck'sche Universitäts-Buchhandlung (Alfred Hölder) [1869].

Compass. Jahrbuch für Volkswirthschaft und Finanzwesen 1871. Hrsg. von Gustav Leonhardt. 4. Jg. Wien: Beck'sche Universitäts-Buchhandlung (Alfred Hölder) [1870].

Compass. Finanzielles Jahrbuch für Österreich-Ungarn 1899. Hrsg. von S. Heller. 32. Jg. Wien: Alfred Hölder 1899.

Compass. Finanzielles Jahrbuch für Österreich-Ungarn 1900. Hrsg. von S. Heller. 33. Jg. Wien: Alfred Hölder 1900.

Compass. Finanzielles Jahrbuch für Österreich-Ungarn 1907. II. Band. Hrsg. von Rudolf Hanel. 40. Jg. Wien: Alfred Hölder 1906.

Compass. Finanzielles Jahrbuch für Österreich-Ungarn 1910. II. Band. Hrsg. von Rudolf Hanel. 43. Jg. Wien: Compassverlag 1909.

Compass. Finanzielles Jahrbuch 1924. Band I: Österreich, Staatsschuld Österreichs-Ungarns (Liquidation). Hrsg. von Rudolf Hanel. 57. Jg. Wien: Compassverlag 1924.

Compass. Finanzielles Jahrbuch 1933. Österreich, Staatsschuld Österreich-Ungarns (Liquidation). 66. Jg. Wien: Compassverlag 1933.

Finanz-Compass 1959. Österreich. Hrsg. vom Compass-Verlag. 88. Jg. Wien: Compass-Verlag [s.a.].
 
Finanz-Compass 1964. Österreich. Hrsg. vom Compass-Verlag. 93. Jg. Wien: Compass-Verlag [s.a.].
 
Finanz-Compass 1966. Österreich. Hrsg. vom Compass-Verlag. 95. Jg. Wien: Compass-Verlag [s.a.].
 
Finanz-Compass 1971. Österreich. Hrsg. vom Compass-Verlag. 100. Jg. Wien: Compass-Verlag [s.a.].
 
Finanz-Compass 1974. Österreich. Hrsg. vom Compass-Verlag. 103. Jg. Wien: Compass-Verlag [s.a.].

Der Finanz Compass 1992/93. Österreich. Industrie, Handel, Verkehr und Fremdenverkehr. Hrsg. vom Compass-Verlag. Wien: Compass Verlag [s.a.].

Jahrbuch der Eisenbahnen und Transport-Unternehmungen Österreich-Ungarns 1911. Hrsg. von Rudolf Hanel. Wien: Compassverlag 1911.

Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister. Nr. 53 (2. Juli 1913) - Nr. 104 (27. Dezember 1913). Hrsg. vom k. k. Handelsministerium. 12. Jg. Wien: Moritz Perles 1913.

Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in Österreich. Vereinigt mit dem amtlichen Lieferungsanzeiger. Nr. 1 (3. Jänner 1923) - Nr. 103/4 (29. Dezember 1923). Hrsg. vom Bundesministerium für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten. 22. Jg. Wien: [Compass-Verlag] 1923.|Gleichzeitig: Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in der Tschechoslowakei und Jugoslawien. Hrsg. vom Compass-Verlag. Prag, Zagreb: Compass-Verlag 1923.

Zentralblatt für die Eintragungen in das Handelsregister in der Republik Österreich. Vereinigt mit: Amtlicher Lieferungsanzeiger. Nr. 1 (5. Jänner 1983) - Nr. 52 (29. Dezember 1983). Hrsg. vom Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie. 82. Jg. Wien: Compass-Verlagsgesellschaft 1983.

 

ANNO – Historische österreichische Zeitungen und Zeitschriften

 

Wiener Theater-Zeitung, 12. September 1838, S. 818 (2) – (Stand 21.07.2015)

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=thz&datum=18380912

Österreichischer Beobachter, 17. November 1838, S.  1580 (6) – (Stand 21.07.2015)

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=obo&datum=18381117

Der Adler, 29. Oktober 1841, S. 1616 (2) – (Stand 21.07.2015)

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=adl&datum=18411029

 

RIS - Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramtes

Rechtsinformationssystem des österreichischen Bundeskanzleramtes Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Donau-Save-Adria Eisenbahn-Gesellschaft, ehem. Südbahn-Gesellschaft, Fassung vom 21.08.2015

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011368&ShowPrintPreview=True

 

 

 

Verfasst von:

Mag. Christian Benesch

Betreuung des Compass-Archivs und von ZEDHIA im Compass-Verlag

Diplomstudium Geschichte an der Universität Wien